Zielsetzung: Überprüfung der klinischen Merkmale, Risikofaktoren, Diagnose und Behandlung der Abacavir-Überempfindlichkeitsreaktion (HSR).
Datenquellen: Es wurde eine MEDLINE- (1950-Oktober 2007) und EMBASE-Suche (1980-Oktober 2007) mit den Schlüsselwörtern Abacavir, HIV, humanes Immundefizienzvirus, Überempfindlichkeitsreaktion, HLA-B(*)5701 und Patch-Tests durchgeführt. Konferenzzusammenfassungen und Artikel-Bibliografien wurden überprüft, um relevante Studien zu ermitteln.
Studienauswahl und Datenextraktion: Studien, die die klinischen und immungenetischen Risikofaktoren für Abacavir-Hypersensitivität und den Nutzen eines genetischen Screenings untersuchten, sowie Artikel, die sich auf die klinische Präsentation, die Bewertung und das Management von Abacavir-HSR konzentrierten, wurden für diese Überprüfung berücksichtigt.
Datensynthese: Die Abacavir-Hypersensitivität ist eine immunvermittelte Reaktion, die typischerweise innerhalb der ersten 6 Wochen der Therapie auftritt. Die Anzeichen und Symptome einer Abacavir-HSR sind unspezifisch, was die Diagnose insbesondere bei medizinisch komplexen Patienten schwierig macht. Patch-Tests können die Diagnose und Bestätigung der Abacavir-HSR verbessern, sind aber noch experimentell. Die klinische Behandlung zielt auf eine unterstützende Therapie und das Absetzen von Abacavir ab. Eine erneute Verabreichung von Abacavir ist kontraindiziert, da das Risiko besteht, dass eine lebensbedrohliche Reaktion ausgelöst wird. Eine angemessene Patientenaufklärung und ein klarer Kommunikationsplan sind für die sichere Anwendung dieses Medikaments unerlässlich. Die Identifizierung von Patienten, bei denen das Risiko besteht, eine Abacavir-Überempfindlichkeit zu entwickeln, durch ein routinemäßiges genetisches Screening auf das humane Leukozytenantigen (HLA) HLA-B(*)5701 stellt einen bedeutenden Fortschritt auf dem Gebiet der Pharmakogenomik dar, mit einem offensichtlichen negativen Vorhersagewert von 100 %, wenn es zum Screening auf Abacavir-HSR verwendet wird. Vorläufige Daten deuten darauf hin, dass pharmakogenetische Tests auf HLA-B(*)5701 kosteneffizient sind. Solange jedoch keine Routinetests zur Verfügung stehen, ist eine Pharmakovigilanz für die sichere und wirksame Anwendung von Abacavir erforderlich.
Schlussfolgerungen: Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse im Zusammenhang mit der Anwendung von Abacavir können durch eine angemessene Erkennung und Behandlung der HSR vermieden werden. Das Screening von Patienten auf HLA-B(*)5701 vor Beginn der Behandlung mit Abacavir stellt ein Instrument dar, um das Risiko von HSRs sowie eines unnötigen Absetzens dieses Medikaments weiter zu verringern.