Das intramurale Aortenhämatom (IMH) ist eine atypische Form der Aortendissektion, bei der es zu Einblutungen in die Aortenwand aus der Vasa vasorum kommt, ohne dass ein Intimariss vorliegt. Es gehört zum Spektrum des akuten Aortensyndroms.
Epidemiologie
Typischerweise treten intramurale Aortenhämatome bei älteren Patienten mit Bluthochdruck auf. Die gleiche Erkrankung kann sich auch als Folge eines stumpfen Thoraxtraumas mit Verletzung der Aortenwand oder eines penetrierenden atherosklerotischen Ulkus entwickeln 1,2.
Klinische Präsentation
Die klinischen Merkmale der IMH entsprechen denen der akuten Aortensyndrome, nämlich Brustschmerzen, die in den Rücken ausstrahlen, und Bluthochdruck.
Pathologie
Man geht davon aus, dass diese Erkrankung mit einer spontanen Ruptur der Vasa vasorum beginnt, der Blutgefäße, die von der Adventitia in die äußere Hälfte der Aortenmedium eindringen und sich innerhalb der Media verzweigen, um die Aortenwand zu versorgen 2.
Das Hämatom breitet sich entlang der medialen Schicht der Aorta aus.
Infolgedessen schwächt das intramurale Hämatom die Aorta und kann entweder zu einer nach außen gerichteten Ruptur der Aortenwand oder zu einer nach innen gerichteten Disruption der Intima führen, wobei letzteres zu einer kommunizierenden Aortendissektion führt 2.
Klassifikation
Ähnlich wie die Aortendissektionen werden intramurale Hämatome nach der Stanford-Klassifikation 4 eingeteilt:
- Typ A: betrifft die aufsteigende Aorta, mit oder ohne Beteiligung der absteigenden Aorta
- Typ B: beschränkt sich auf die absteigende Aorta, distal zum Ursprung der linken Arteria subclavia
Die DeBakey-Klassifikation kann ebenfalls verwendet werden 5.
Radiologische Merkmale
CT
Akute intramurale Hämatome erscheinen als fokale, sichelförmige, stark abschwächende (60-70 HU) Bereiche einer exzentrisch verdickten Aortenwand auf einem kontrastlosen CT (Sichelzeichen mit hoher Abschwächung). Eine schmale Fensterbreite ist für die Erkennung subtiler Läsionen unerlässlich 6. Die intimale Verkalkung kann nach innen verschoben sein, was am besten in der Nicht-Kontrast-Phase zu erkennen ist.
Die Läsionen weisen im Verhältnis zum Aortenlumen auf dem Nachkontrast-CT eine geringe Attenuierung auf und können weitaus subtiler sein, weshalb in einem Protokoll für das akute Aortensyndrom häufig eine Nicht-Kontrast-Phase vor der CTA durchgeführt wird. Im Gegensatz zur Aortendissektion ist auf der CTA kein Intimallappen zu sehen.
Echokardiographie
Ein intramurales Hämatom (IMH) kann mit der transösophagealen Echokardiographie gut dargestellt werden, die eine bessere Sicht auf die Aorta bietet, als dies normalerweise bei transthorakalen Untersuchungen möglich ist. Zu den definierenden Merkmalen gehören 10:
- kröselige Verdickung der Aortenwand
- normale Aortenwanddicke < 3 mm
- Wanddicke muss 7 mm überschreiten, um IMH zu diagnostizieren
- Wand zeigt gemischte Echogenität
- vorwiegend echodens mit verstreuten inneren Echoluzenzen
- kein interner Fluss nachweisbar
- Farbfluss-Doppler-Untersuchung wichtig zur Unterscheidung von einer Aortendissektion
- das echte Lumen einer Dissektion zeigt systolischen Fluss
- variable Flussmuster können in einem falschen Lumen vorhanden sein, das dazu neigt, sich während der Diastole auszudehnen
- Farbfluss-Doppler-Untersuchung wichtig zur Unterscheidung von einer Aortendissektion
- das Fehlen eines intimalen (Dissektions-)Lappens
- die Lumenoberfläche bei IMH ist in der Regel glatt und durchgängig
Andere Modalitäten
Die MRT kann die Anomalie ebenfalls aufdecken, die konventionelle Angiographie jedoch nicht.
Behandlung und Prognose
Wenn ein intramurales Hämatom die aufsteigende Aorta betrifft (Stanford A), erfolgt die Behandlung chirurgisch, um eine Ruptur und das Fortschreiten zu einer klassischen Aortendissektion zu verhindern.
Bei einem intramuralen Hämatom der absteigenden Aorta (Stanford B) ist eine konservative Behandlung angezeigt.
- 77% der intramuralen Hämatome bilden sich nach 3 Jahren zurück
- Überlebensrate von >90% nach 5 Jahren 7
Unbehandelt kann ein intramurales Hämatom lebensbedrohlich sein, da es zu:
- Aortenruptur
- Aortendissektion
- Aortenaneurysma
Differenzialdiagnose
Die wichtigsten Differenzialdiagnosen sind:
- thrombosiertes falsches Lumen bei klassischer Aortendissektion: verläuft typischerweise spiralförmig in Längsrichtung um die Aorta, wohingegen ein intramurales Hämatom in der Regel eine konstante zirkumferentielle Beziehung zur Aortenwand aufweist
- Aortitis: zeigt typischerweise eine konzentrische, gleichmäßige Verdickung der Aortenwand mit oder ohne peri-aortale Entzündungsstränge, wohingegen ein intramurales Hämatom oft exzentrisch angeordnet ist