Sehr geehrte Redaktion,
Angiotensin-II-Rezeptorblocker (ARB) werden derzeit als Option zur Behandlung der Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19) diskutiert.
Angiotensin I wird durch das Angiotensin Converting Enzyme (ACE) in Angiotensin II umgewandelt. Angiotensin II ist für gefäßverengende und proinflammatorische Wirkungen verantwortlich, die durch den Angiotensinrezeptor Typ I (AT1) vermittelt werden. Angiotensin Converting Enzyme 2 (ACE2) wandelt Angiotensin II in Angiotensin 1-7 um, das im Gegensatz dazu gefäßerweiternde und entzündungshemmende Wirkungen aufweist und die durch AT1 vermittelte Wirkung von Angiotensin II überwiegt. Bei Patienten, die chronisch mit ACE-Hemmern behandelt werden, werden sowohl die AT1-Rezeptoren als auch ACE2 hochreguliert, was durch eine verringerte Menge an Angiotensin II beeinträchtigt wird, das auf alternativen enzymatischen Wegen (z. B. durch Chymasen) produziert wird, allerdings immer noch in einem ausgewogenen Verhältnis. Es wurde nachgewiesen, dass ACE2 als Bindungsstelle für SARS-CoV-2 dient und so das Eindringen des Virus ermöglicht. Die kontinuierliche Eliminierung von ACE2 von der Zelloberfläche verringert die verbleibende ACE2-Aktivität und verschiebt das Gleichgewicht in Richtung AT1-Aktivierung, was zu einer pulmonalen Vasokonstriktion, übermäßiger Entzündung und schließlich zu einer akuten Lungenschädigung führt. Gleichzeitig führt die ungehinderte Wirkung von Angiotensin II zu einer Schädigung des Herzmuskels und einer Erhöhung des Blutdrucks, die in den schwersten Fällen zu beobachten sind.
Daher könnte die Umstellung von ACE-Hemmern auf ARB bei Risikopatienten oder Patienten mit COVID-19 zur Vorbeugung solcher Folgeerscheinungen von Vorteil sein, wenn sie bereits eine Therapie erhalten, die das Renin-Angiotensin-System beeinflusst. Sowohl ACE-Hemmer als auch ARB haben einen vergleichbaren Langzeitnutzen bei der Vorbeugung von unerwünschten kardiovaskulären Ereignissen gezeigt, was die Umstellung rechtfertigt, noch dazu mit einer Verringerung des Hustens, der als eines der COVID-19-Symptome fehlinterpretiert werden kann.
Die Umstellung auf andere blutdrucksenkende Medikamente zum Zeitpunkt der Hochregulierung von AT1-Rezeptoren und ACE2 oder sogar der Beginn der Behandlung mit ARB bei ARB-naiven Patienten ist dagegen umstritten.