Hintergrund: Die Plastische Chirurgie wurde in Deutschland erstmals 1978 als Subspezialität der Allgemeinchirurgie eingeführt. Seitdem hat diese chirurgische Subspezialität/Disziplin ein enormes Potential entwickelt, z.B. in Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen wie der Allgemein- und Bauchchirurgie.
Ziel: Aufzeigen und Zusammenfassen des grundsätzlichen Potentials, der technischen Möglichkeiten und neuer Aspekte der Plastischen Chirurgie, die für die gemeinsamen interdisziplinären Operationsstrategien von Plastischer und Allgemein- sowie Bauchchirurgie in der klinischen Praxis relevant sind.
Methode: Kurzer und kompakter narrativer Überblick auf der Grundlage 1) einer Auswahl relevanter Referenzen aus der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur und 2) chirurgischer Erfahrungen aus der täglichen Praxis. Ergebnisse (ausgewählte Eckpunkte): 1) Biologische Schutzverfahren in der Gefäßchirurgie durch Lappendeckung nach sorgfältigem Débridement mit oder ohne autogener Gefäßrekonstruktion werden eingesetzt, um die Infektion einer Gefäßprothese, ein schwerwiegendes Problem, verbunden mit der Gefahr der Anastomosenruptur und Blutung durch Übertragung der immunologischen Kompetenz aufgrund der Gewebeabdeckung zu überwinden und schließlich die Heilung im Bereich einer infizierten Gefäßprothese einzuleiten. 2) Die Fistelbehandlung von aorto-trachealen oder aorto-duodenalen Fisteln, eine große Herausforderung für den überweisenden Allgemeinchirurgen, kann durch Lappendeckung, d.h. Interposition des Pectoralis-major-Lappens bzw. des Omentum-majus-Lappens, behandelt werden. 3) Was die Nervenchirurgie betrifft, so wurden nach einer frühen mikrochirurgischen Reparatur des N. laryngeus recurrens ermutigende Ergebnisse berichtet, z. B. eine verbesserte subjektive Stimmqualität oder die Wiederherstellung der Atemkapazität bei Zwerchfellerkrankungen. 4) Die Lymphchirurgie bei Lymphödemen, die entweder primär durch das Fehlen oder den Mangel an Lymphgefäßen oder sekundär durch Infektionen, Traumata, Strahlentherapie oder chirurgische Eingriffe entstehen, kann in spezialisierten mikrochirurgischen Zentren indiziert sein, z. B. zur chirurgischen Reparatur der Lymphbahnen: I) das unterbrochene Lymphsystem kann durch eine Interposition rekonstruiert werden, oder II) die Lymphflüssigkeit kann extraanatomisch abgeleitet werden (z.B. durch eine lymphatisch-venöse Anastomose). Weitere Techniken sind: freie Lymphknotentransplantation im Rahmen eines freien vaskularisierten Leistenlappens oder autologer Lymphgefäßtransfer oder Venentransplantatinterposition (für Lymphgefäßinterposition). 5) Masseverkleinerung wie die Dermolipektomie mit anschließender Spaltdicke ist eine wertvolle Option, die eine hervorragende Volumenreduktion ermöglicht. 6) Defektabdeckung: A. Spalthaut- oder Vollhauttransplantate sind eine gängige Methode zur Defektdeckung (bei sauberem und gut vaskularisiertem Wundbett und fehlender Spenderhaut oder wenn das Transplantatbett von fragwürdiger Qualität ist) unter Verwendung verschiedener allogener oder xenogener Hautersatzmaterialien. B. Weitere Methoden bieten ein breites Armamentarium an lokalen und freien fasziokutanen und muskulokutanen Lappen, z. B. nach abdomino-perinealer Rektumexstirpation unter Verwendung des vertikalen Rektus-abdominis-Myokutan-Lappens (VRAM) oder Propeller-Lappen nach dem „Angiosom“. 7) Bauchwandhernienverschluss mit instabiler Hautbedeckung: Der Lappenverschluss, entweder allein oder in Kombination mit einem Netz, ist dem alleinigen Netzverschluss überlegen. 8) Freie Lappen: Wenn keine Option für einen lokalen oder gestielten Lappen zur Verfügung steht, können freie Lappen gut für den Verschluss von Bauchwanddefekten verwendet werden (die Komplikationsrate ist in erfahrenen Händen gering).
Fazit: Die Plastische Chirurgie ist ein unverzichtbarer Partner für spezifische chirurgische Probleme und klinische Situationen der Allgemein- und Bauchchirurgie, was darauf hindeutet, dass jeder Allgemein- und Bauchchirurg über die großartigen Möglichkeiten und Operationstechniken der modernen Plastischen Chirurgie gut informiert sein sollte, um beste Ergebnisse und Lebensqualität für die Patienten zu erzielen, und die Expertise dieser beiden chirurgischen Disziplinen kombinieren sollte.